Morbus Menière: Therapie, Symptome, Ursachen

Inhaltsverzeichnis

Was löst Morbus Menière aus?

Leider sind die genauen Ursachen der Morbus Menière Erkrankung weitgehend unbekannt und noch nicht vollständig geklärt. Ein Erklärungsansatz ist ein sogenannter endolymphatischer Hydrops, fachmedizinisch auch Hydrops cochleae genannt, bei dem es zu einer vermehrten Flüssigkeitsansammlung im Innenohr kommt. Da das Innenohr aus Hörschnecke und Gleichgewichtsorgan besteht und somit das Hören und den Gleichgewichtssinn vereint, sind auch die Flüssigkeiten in den Kammern in einem komplexen System verbunden. Kommt es nun zu einem Endolymphstau durch eine Zu- oder Abflusstörung, kann ein erhöhter Druck auf das Reißner-Membran in der Hörschnecke die Folge sein und es kommt zu einer Vermischung der Endolymphe und der Perilymphe, deren Trennung jedoch essentiell wichtig ist. Die Folge sind Schwindelattacken und Hörstörungen.

Warum genau es zu der vermehrten Flüssigkeitsansammlung im Innenohr kommt, ist nicht abschliessend erforscht. 

Es gibt Diskussionen darüber, ob die Belüftung des Mittelohrs, jahrelange Entzündungen des Mittelohrs oder auch eine Tubenfunktionsstörung eine Rolle spielen, da einige Patienten durch das Einsetzen eines Paukenröhrchens ins Trommelfell zeitweise Linderung erfahren haben. Morbus Menière Patienten haben bei der Tympanometrie oftmals einen schlechteren Mittelohrdruck und damit einhergehenden Unterdruck im Mittelohr. 

Ferner werden psychische Ursachen diskutiert, da Meniere-Patienten häufig von Stress berichten oder eine psychische Belastung zur Zeit des Auftretens der Morbus Menière Erkrankung eine Rolle spielte.

Auch eine Vestibuläre Migräne wird als Auslöser oder Begleiterscheinung in Betracht gezogen. Viele Meniere-Patienten haben parallel mit Migräne zu kämpfen und oft auch mit Schwindel, bei Migräne „Aura“ genannt. Hier gilt es zu unterscheiden was Migräne und was Meniere-Anfall ist.

Wie macht sich Morbus Menière bemerkbar?

Morbus Menière tritt meist im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf und bei Frauen etwas häufiger als bei Männern. Allerdings gibt es auch viele Fälle bei denen ein Meniere im Anfangsstadium schon mit Mitte 20 schleichend über Jahre mit Hörstörungen oder einer Hörminderung beginnt und sich erst im Laufe der Zeit zu einer klassischen Menière’schen Trias entwickelt: Schwindel, Hörverlust und Tinnitus / Ohrensausen.

Die Symptome treten schubweise in unterschiedlichen Intervallen auf. Mal vergehen ein paar Tage, mal Wochen, mal Jahre bis es zu einem erneuten Schub kommt. Viele Patienten haben gerade im Anfangsstadium häufig nur ein Symptom: entweder Schwindel ODER eine Hörminderung und nur selten beides gleichzeitig. Die Hörminderung ist im Tieftonbereich angesiedelt und eines der sicheren Hinweise für einen Morbus Menière. Auch verzerrtes Hören oder eine Geräuschempfindlichkeit (Hyperakusis) kann auftreten.

Der Schwindel kann mit Übelkeit oder Erbrechen einhergehen und manifestiert sich meistens als eine Art Drehschwindel. Der Patient beschreibt das dann häufig als „Karusellfahren“, alles dreht sich und es ist nicht mehr möglich gerade zu stehen oder zu laufen. Vor einem Schwindelanfall können sich vorhandene Hörstörungen und Ohrgeräusche (Tinnitus) verstärken. Es kann bei einigen Patienten auch zu einer Art Schwank- oder Lagerungsschwindel kommen. Hier muss abgeklärt werden, ob es Teil des Menières ist oder einer begleitenden Vestibulären Migräne zuzuordnen ist.

Die Stadien wurden in der Morbus-Menière-Klassifikation nach Jahnke (1994) festgehalten:

  • Stadium 1: Typisch ist ein fluktuierendes Hörvermögen vor allem in den tiefen Frequenzen, das sich spontan nach den Anfällen normalisiert.
  • Stadium 2a: Es wird ebenfalls eine Fluktuation des Hörvermögens beobachtet, die sich nach dem Anfall spontan bessert, aber nicht mehr normalisiert. 
  • Stadium 2b: Lässt sich eine Hörverbesserung zum Teil nur nach Gabe hyperosmotischer Substanzen (zum Beispiel Glycerol oral) oder von Diuretika erzielen, spricht man von Stadium 2b. 
  • Stadium 3: Hier beobachtet man eine deutliche pancochleäre, also breitbandige Hörminderung von 50 bis 60 dB ohne Fluktuationen bei weiterhin auftretenden Schwindelanfällen. 
  • Stadium 4: Ausgebrannte Menière-Krankheit. Nach durchschnittlich neun Jahren scheint bei drei von vier unbehandelten Erkrankten der Morbus Menière „auszubrennen“, d. h. die Schwindelanfälle werden schwächer oder verschwinden ganz. Das Gleichgewichtsorgan ist in diesem Stadium verloren gegangen.

Es sind jedoch auch Fälle bekannt, die nach einigen wenigen Anfällen nie wieder in ihrem Leben einen Anfall hatten und somit beschwerdefrei sind.

Was kann ich gegen Morbus Menière tun?

Ein Morbus Menière ist zum derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht heilbar, jedoch lassen sich die Anfälle und Hörstörungen positiv beeinflussen oder verschwinden in 60 bis 80 % der Fälle wieder von alleine (vollständige Remission).

Viele Meniere-Patienten fragen sich, welche Ernährung bei Morbus Meniere empfohlen wird. Als Therapie gegen das Auftreten eines Morbus Menière Anfalls wird immer wieder eine kaliumreiche und kochsalzarme Diät und Sport empfohlen, sowie das Vermeiden von Alkohol, Nikotin und Stress sowie Lärm. Die Wirksamkeit salzarmer Ernährung, von Kaffeeverzicht, Alkoholverzicht ist nicht belegt. Regelmäßiger Sport als Ausgleich ist aber sicherlich eine sinnvolle Maßnahme.

Als Ausgleich zu möglichem Stress werden häufig auch Achtsamkeitstraining oder Progressive Muskelrentspannung nach Jacobsen (PMR) empfohlen.

Obwohl Belüftungsstörungen bei Meniere-Patienten durchaus häufig vorkommen, haben sich sogenannte Drucktherapien über ein gesetztes Paukenröhrchen ins Mittelohr nicht als wirkungsvolle Therapie herausgestellt. Auch die Tenotomie, bei der die Mittelohrmuskeln getrennt werden, war ein vielversprechender operativer Therapie-Ansatz, der leider keine nachhaltigen Erfolge zeigen konnte.

Das Medikament Betahistin, auch hochdosiert, hat sich als Placebo herausgestellt. Hierzu sei die BEMED-Studie von Prof. Strupp aus München erwähnt, an der mehrere Universitätskliniken in Deutschland teilnahmen.

Häufig wird auch eine Therapie mit einem niedrig dosiertes Diuretikum wie z.B. Hydrochlorothiazid, Triamteren oder Furosemid verschrieben. Diuretika sind entwässernde, „harntreibende“ Medikamente, die den Hydrops reduzieren sollen. Leider ist deren Wirksamkeit ebenfalls nicht belegt.

Eine weitere bekannte chirurgische Operationsmethode, die früher angewendet wurde, ist die Sakkotomie. Der Endolymphsack (Saccus endolymphaticus) sitzt am hinteren Ende des Felsenbeins und reguliert das Volumen der Endolymphe. Bei der Operation wird etwas Knochen um den Endolymphsack herum entfernt, damit dieser sich besser ausdehnen kann. Die Idee ist eine Druckentlastung, um die Schwindelanfälle zu verhindern. Diese Operation wird laut neuester Studien als obsolet beschrieben und somit nicht mehr empfohlen.

Wenn die Schwindelattacken als sehr belastend empfunden werden, wird in den letzten Jahren vermehrt zu einer Gentamicin-Behandlung geraten. Bei dieser Behandlung wird das Antibiotikum über ein Paukenröhrchen ins Mittelohr gespritzt, das von dort ins Innenohr gelangt und dort toxisch wirkt und die Erregbarkeit der Gleichgewichtssinneszellen reduziert. Heute werden meistens kleinere Dosen gegeben, um das Innenohr nicht zu radikal auszuschalten. Der Schritt sollte dennoch wohl überlegt sein, denn die ersten Monate danach können sehr einschränkend für den Patienten sein, da das andere Ohr erst lernen muss die Aufgaben des anderen mit zu übernehmen und dies mit starkem Schwankschwindel oder Schwindel bei Kopfdrehung einher gehen kann. Nach einer Weile sollte dies besser werden, allerdings sollte der Meniere-Patient stets im Hinterkopf behalten, dass der Menière auch beideitig auftreten und das andere Ohr erkranken kann. Da der Morbus Menière in den meisten Fällen im Stadium 4 nach einigen Jahren ausbrennt, kann sich der Patient vorher genau überlegen, ob er diesen Schritt mit Gentamicin vorausnehmen möchte oder lieber abwartet. Zudem sollte in Betracht gezogen werden, dass auch das Hörvermögen durch Gentamicin geschädigt werden kann.

Kann Morbus Menière wieder verschwinden?

Laut neuerer Studien ist beim natürlichen Verlauf des Morbus Menière bei 60-80% der Betroffenen im Verlauf von zwei bis acht Jahren mit nachlassenden Symptomen zu rechnen – bis hin zur vollständigen Remission.

Durchläuft man alle Stadien von 1 bis 4 ist ab Stadium 4 mit einer Verbesserung der Schwindelattacken zu rechnen, da der Meniere dann „ausgebrannt“ ist.


Die hier aufgeschriebenen Infos habe ich im Laufe der Jahre zusammengetragen. Zum Teil durch Gespräche mit Ärzten, zum Teil durch den Austausch mit Betroffenen. Einige Infos habe ich auch recherchiert, z.B. bei Pubmed, einer Datenbank für medizinische Artikel und Studien. Unten habe ich meine Quellen aufgeführt. Sollten Quellen fehlen oder Inhalte falsch sein, so bitte ich mir eine kurze Mail zu senden: info@morbusmeniere.de. Ich werde diese dann ggf. unverzüglich anpassen. Falls Sie interessante Infos für meinen Blog haben, so bitte ich Sie mir diese ebenfalls zukommen zu lassen. 🙂

Quellen

[1] Hao W, Yu H, Li H. Effects of intratympanic gentamicin and intratympanic glucocorticoids in Ménière’s  disease: a network meta-analysis. J Neurol 2022 Jan; 269 (1): 72-86
[2] Lopez-Escamez JA, Carey J, Chung WH et al. Diagnostic criteria for Meniere’s disease. J Vestib Res 2015; 25: 1-7.
[3] S2k-Leitlinie ‚Vestibuläre Funktionsstörungen‘, Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC). AWMF-Register-Nr. 017/078
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26797774/
https://drhschaaf.de/tromm.htm
https://dgn.org/artikel/2363
https://drhschaaf.de/tromm.htm
https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/docId/2127/file/FrimbergerDiss.pdf
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20091573/